Samstag, 22. März 2014

Passierschein A38



Dienstagmittag ging es gemeinsam mit unseren Eltern, die uns begleiten, in Richtung Frankfurt/Main los. Nach nur zwei kleineren, nicht weiter erwähnenswerten Zwischenfällen wurde der Flughafen unplanmäßig zeitig erreicht. Folgerichtig stellte sich die Frage, was man mit der vielen Zeit tun sollte. Dennoch versuchten wir zeitig mit dem Eincheck-Prozess zu beginnen. Leider scheiterte der Versuch am Automaten einzuchecken hoffnungslos. Beim entscheidenden Schritt fehlte der Pass der Mutter. Diese hatte ihn in Erwartung unangekündigter Passkontrollen auf die Toilette mitgenommen und erschien erst pünktlich nach dem Timeout des Geräts wieder. Alle weiteren Versuche verweigerte der Automat hartnäckig. Der Mann am richtigen Check-in erklärte uns später, dass man sich köstlich über uns amüsiert habe, da der Automat einem nur genau einen Versuch lässt. Zum Glück gibt es Ossis, sonst hätten die nix zu Lachen auf dem Flughafen … aber denen würde das Lachen heute schon noch vergehen.
Da ich es als günstig erachtete, CO2-Kartuschen für etwaige Reifenschäden mitzunehmen, hatte ich mich umgehend über die Modalitäten von deren Mitnahme im Flugzeug informiert. Nach den entsprechenden Richtlinien sind zwei in Schwimmwesten eingeschraubte Kartuschen sowie zwei Ersatzkartuschen für einen nicht näher spezifizierten Einsatzzweck erlaubt – auch im Handgepäck. An dieser Stelle muss man sich wundern. Ein Messer mit einer Klinge unter 7 cm ist erlaubt, genauso wie Kartuschen mit unklarem Inhalt. Bei einem Korkenzieher am Taschenmesser hört allerdings der Spaß auf, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Aber sei’s drum: Erlaubt ist erlaubt. Das einzig dafür Notwendige ist die Erlaubnis der Fluggesellschaft. Meine E-Mail-Anfragen und telefonischen Versuche wurden im Vorfeld gekonnt von der Fluggesellschaft ignoriert, weshalb der Mann am Check-in-Schalter konsultiert wurde. Dieser gab grünes Licht; eine weitere schriftliche Bestätigung sei nicht erforderlich. Voller Optimismus wurden die acht Kartuschen auf uns vier aufgeteilt. An der Sicherheitskontrolle ordneten sich Immanuel und meine Mutter links ein; mein Vater und ich rechts. Wir sahen praktisch sofort, dass sich eine Traube von Sicherheitsleuten um unsere Rucksäcke bildete. Bei den anderen beiden war die Situation nicht anders. Nach längerer Beratung wies man uns an, den Rucksack zu öffnen und die Kartuschen vorzuzeigen. Nach Benennung des Einsatzzweckes waren wir schon mal mit vier Kartuschen durch. So einfach ist das also. Denkste! Auf der anderen Seite wurde die Menschentraube größer. Ich gesellte mich unauffällig dazu um die Lage zu peilen. Eine Aussage jagte die nächste. „Eine Kartusche in der Schwimmweste ist zulässig“, „Eine Kartusche in der Schwimmweste und eine Reservekartusche sind zulässig“, „Vier Kartuschen ohne weitere Einschränkungen sind zulässig“, „Reservekartuschen sind nur zulässig, wenn schon Kartuschen in Schwimmwesten eingeschraubt sind“, „Kartuschen sind gar nicht zulässig“, „Kartuschen gehen nur im Aufgabegepäck“, usw. und sofort. Offensichtlich kannte man sich ganz hervorragend im eigenen Regelwerk aus, welches ich in weiser Voraussicht sogar in gedruckter Form mitgenommen hatte. Man entschied dennoch, den „Chef“ zu holen. Dieser zeigte Verständnis für unsere Situation; bestätigte die von mir recherchierte Regelung; ließ uns aber trotzdem nicht passieren, da er einen Stempel mit Genehmigung der Fluggesellschaft brauchen würde. Also wurde Immanuel mit dem Auftrag diese Genehmigung einzuholen zurück zum Check-in-Schalter geschickt. Dort eröffnete man ihm, dass man keinen Stempel habe. Man gab ihm den Hinweis, dass die Kartuschen im Aufgabegepäck kein Problem wären. Man würde dieses auch kostenfrei einchecken. Also passierte er nun zum zweiten Mal die Sicherheitskontrolle um eine Tasche zu holen (davon hatten wir genug). Das Sicherheitspersonal gab uns allerdings zu verstehen, dass man die Kartuschen auch aus dem Aufgabegepäck entfernen würde. Auch werde man Beschwerde über das inkompetente Personal am Check-In-Schalter unserer Airline einlegen. Um dem Ganzen ein Ende zu bereiten, ließen wir uns die vier konfiszierten Kartuschen wieder geben um sie zurück ins Auto zu bringen. Dorthin machten sich Immanuel und ich nun auf den Weg. Wir wollten es allerdings noch einmal am Check-In-Schalter probieren. Der Mann dort verkündete sofort, dass er Beschwerde über das inkompetente Personal an der Sicherheitskontrolle einlegen werde. Außerdem meinte er, dass dieses wohl am Vortag ausgetauscht worden sei. Er holte seine „Chefin“. Diese informierte uns, dass angeblich seit Montag (ich hatte die entsprechenden Dokumente am Sonntag ausgedruckt) eine neue Richtlinie aktuell sei, nachdem Kartuschen nun nur noch im Aufgabegepäck zulässig seien. Dennoch drückte sie uns irgendeinen Stempel (dieser enthielt nicht einmal den Namen der Fluggesellschaft) auf ein weißes Blatt Papier und kritzelte irgendetwas Unleserliches dazu. Voller Optimismus begaben wir uns erneut zur Sicherheitskontrolle. Bereits beim Vorzeigen des Boardingpasses wurde Immanuel eingehend befragt, da er sich ja nun schon zum dritten Mal hier befand. An der Sicherheitskontrolle genügte dann ein „Wir sind die mit den Kartuschen“ und man wusste bescheid. Man schaute sich unser Dokument an und erklärte unseren persönlichen „Passierschein A38“ (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=lIiUR2gV0xk ) für gültig. Entgegen der landläufigen Meinung ist es also möglich, Kartuschen im Flugzeug zu transportieren. Man sollte aber etwas eher am Flughafen erscheinen, was wir ja außerplanmäßig getan hatten. Nach der Aktion gingen wir quasi direkt zum Boarding über. Man hatte uns selbstverständlich die Passierscheine 44A, 44C, 44D und 44E ausgestellt, was einen sehr kurzweiligen Platz an den hinteren Toiletten bedeutete. Weiter Zwischenfälle hielten sich vorübergehend in Grenzen.

Nach der Landung am nächsten Morgen, wurde der Mietwagen in Empfang genommen. Zwei Mann und die Radkisten passten auf den Millimeter genau hinein. So machten sich mein Vater und ich auf den Weg ins reichlich 50 Kilometer entfernte mutmaßliche Quartier, während der Rest am Flughafen zurückgelassen wurde. Richtungswechsel nach links deutete ich dabei stets durch Scheibenwischen auf höchster Stufe an, während einmaliges Wischen einen Richtungswechsel nach rechts bedeutete – ein Hoch auf den Linksverkehr! Am Quartier angekommen wusste niemand von uns. Man musste wieder den Chef rufen, der nach 15 Minuten kam und auch gleich Bescheid wusste: „The bad news: Due to a failure in the booking system, I have no accomodation for you. The good news: I have organized alternative accommodations.“ Das erste Mal in seinem Leben (und auch das erste Mal in meinem Leben) war eine Buchung über booking.com schief gegangen. Er versicherte uns glaubhaft erst zwei Tage vor unserer Ankunft über unsere Buchung (die wir ja vom System bestätigt bekommen hatten) informiert worden zu sein. Seine Frau wäre am Tag davor kurz vor dem Nervenzusammenbruch gewesen. Eigentlich wären wir vier Tage bei ihm in der Lodge gewesen. Daraus wurden jetzt je zwei Tage in zwei verschiedenen Unterkünften (mit stark unterschiedlicher Qualität, wie wir mittlerweile wissen). Zurück am Flughafen drehten wir 20 Minuten lang Ehrenrunden um den verabredeten Treffpunkt (BP-Tankstelle), da sich uns der Zufahrtsweg nicht erschloss. Aber schließlich lösten wir auch dieses Problem.

Heute holten wir völlig zwischenfallsfrei unsere Startunterlagen ab und morgen geht’s dann mit dem Prolog los … hoffentlich zwischenfallsfrei ;)

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